Ein Beitrag eines Leser vom 4.9.2011 gut und ziemlich genau recherchiert.. (Besten Dank) Beluga59
Mal was zu den Zahlen, was so im Laufe der Zeit mit Abofallen abgezockt wurde. Den Beitrag hat der Leser auf dem Beck-Blog gefunden:
Legende im Vorfeld: *) ‘ bedeutet Tausend, “ bedeutet Million
Hin und wieder wurde gefragt, wie viel denn so im Laufe der Jahre mit den Abofallen abgezockt worden ist und auch ich habe die Frage mehr als einmal gestellt, um eigentlich keine fassbare, bzw. mit echten Zahlen unterlegte Antwort zu erhalten.
Die Schätzungen, sowohl was einzelne Abzocker, als auch die Gesamtabzocke mit Abofallen anbetrifft, gingen extrem weit auseinander.
Das echte Ausmaß wird allenfalls dann erhältlich sein, wenn im Rahmen der juristischen Aufarbeitung die betroffenen Banken Auskunft erteilen dürfen.
Allerdings bekam ich kürzlich durch ein Telefonat mit einem versierten Webmaster den „missing-link“ in die Hände, um eine nachvollziehbare Schätzung des Ausmaßes anstellen zu können.
Dem war es eines Tages gelungen, sich in den Server des „Belleros-Geflechts“ einzuloggen und zu sehen, wie die Google-Adwords-Werbung geschaltet war. Auf der Grundlage der dort gefundenen Daten lassen sich reale Schätzungen anhand der Angaben von Aussteigern und sonstigen Interviewpartern, die von der anderen Seite Einblicke darin hatten, wie viel denn hereinkam, anstellen.
Bei dem download-Portal 99-downloads – wohlgemerkt das „Belleros-Geflecht“ betrieb ja nur diese einzige Webseite – waren gleichzeitig 5 Kampagnen geschaltet mit einem jeweiligen Budget von 5′ *) Euro pro Monat. Anhand eines Adwords-Kontos konnte ich sowohl die voraussichtlichen Treffer als auch Kosten für die einzelnen Keywords solcher Kampagnen schätzen.
Die Werbung für ansonsten kostenfreie Software liegt demnach bei ca. 1 Euro pro Konversion = Umsetzung in eine Registrierung. (die Kosten für Keywords wie z.B. „Waschmaschine + günstig“ oder „Mitfahrzentrale + Städtename“ liegen ein wenig höher, die Kosten für „Gedichte + download“ oder „Songtexte + download“ entsprechend niedriger – so dass von durchgängigen Konversionskosten von 1 Euro/Registrierung ausgegangen werden kann.) In dem Posting # 72 wurden die Eingangsquoten genannt, die in etwa mit dem übereinstimmen, was auch mir berichtet wurde, bzw. in Fernsehinterviews von Aussteigern benannt worden ist.
Dann nähern wir uns der Schätzung weiter an, und betrachten die Abofallenbetreiber, die sehr nachhaltig mit Inkassoanwälten zusammen gearbeitet haben und nehmen weiter eine durchschnittliche Eingangsquote von 50 % nach anwaltlichem Inkasso an und kommen zu folgenden Berechnungen:
1. „Belleros-Geflecht“: Kampagnenschaltung mit Budget 5 x 5‘ = 25′ Registrierungen/Monat x 12 Monate x ca. 100 Euro pro Forderung x 50 % durchschnittliche Eingangsquote = 15“ *) pro Jahr. Belleros hat ca. 3 Jahre das anwaltliche Inkasso genutzt, also kommen wir auf einen Gesamtschaden von rund 45“ Euro
2. Gebr. Schmidtlein: die waren ein wenig nachhaltiger über viel mehr Webseiten präsent und länger unterwegs, weshalb die Schätzung durchaus verdoppelt werden kann. Demnach sieht die Formel wie folgt aus: 50′ Registrierungen/Monat x 12 Monate x ca. 100 Euro pro Forderung x 50 % durchschnittliche Eingangsquote = 30“ pro Jahr. Die Gebr. S. waren insgesamt 5 Jahre mit dem anwaltlichen Inkasso unterwegs, was dann in einem Gesamtschaden von 150“ Euro resultiert.
3. Frankfurter Kreisel: der wäre von der Menge der Webseiten, sowie der Art der Webseiten in etwa wie die Gebr. S. zu schätzen, war aber nur maximal 4 Jahre mit dem anwaltlichen Inkasso unterwegs, also Gesamtschaden von 120“ Euro
4. Megadownloads: eigentlich die Mutter der Abofallen, dürfte ähnlich wie 2. und 3. Werbung geschaltet haben, war aber nur 3 Jahre mit dem anwaltlichen Mahninkasso unterwegs, also Gesamtschaden von 90“ Euro
Ich setze bewusst kein Summenzeichen, denn wir kommen zu möglicher Kritik und Einwänden gegen die o.a. Schätzungen:
a) Es fehlen noch Abzocker, die ebenso mit anwaltlichem Mahninkasso unterwegs waren und es fehlen all die Abzocker, die nur Rechnungsläufe gesendet haben bzw. Inkassodienstleister beauftragt haben: okay, es ging mir nur um die Schätzung der Größten, den Rest kann man dann grob und pauschal schätzen und der käme dann noch hinzu
b) Die Schätzung bezieht sich nur auf das erste Vertragsjahr, die Abofallen waren aber i.d.R. 2-jährig: okay, dazu müssten die o.a. Zahlen annähernd verdoppelt werden
c) Es gab auch Zeiten, in denen die unter 1 bis 4 genannten Abofallenbetreiber ohne anwaltliches Mahninkasso auskamen: siehe a)
d) Der Vorstand der Spk München hat aber Eingangszahlen einer Mahnanwältin von nur 20′ arbeitstäglich genannt, was überhaupt nicht mit den o.a. Schätzungen korreliert: das ist der Punkt, an dem ich am meisten zu knabbern hatte. Auch hier habe ich irgendwann mal ein Telefonat mit einem Aussteiger geführt, der die Situation für das 2. Vertragsjahr ohne Werbung und ohne anwaltliches Mahninkasso geschildert hat. Er nannte die Eingänge von arbeitstäglich bis zu 20′000 Euro, aus der Zeit, als die Abofalle noch aktiv war sollen sie 5 bis 10 Mal mehr gewesen sein.
Das brachte mich zu dem Schluss, dass die vom Vorstand genannte Zahl schlicht zu niedrig gewesen sein muss. Ich nehme mal an, dass er laufenden Buchungen gar nicht gesehen hat und die ihm die von Mitarbeitern genannten Zahlen selbst zu hoch erschienen waren, weshalb er vor laufender Kamera die ihm wahrscheinlicher erscheinende Zahl genannt hat. Richtig wäre das Zehnfache gewesen, denn das würde zu den Nennungen der Aussteiger passen.
Das wäre die induktive Schätzung. Jetzt beschäftigen wir uns mit der deduktiven Ableitung, also dem, was das im Umkehrschluss bedeutet:
Wir reden inzwischen sicher von 1000″ (1 Milliarde) Euro, die über all die Jahre und alle Abofallen so als Gesamtschaden erreicht wurden. Das würde dann bedeuten, dass ca. 10″ Leute gezahlt hätten, was von daher fast zu hoch erscheint, wenn man bedenkt, dass es nur ca. 100″ deutschsprachige, also potentielle Opfer überhaupt gibt. Wenn man dann davon ausgeht, dass allenfalls 60″ davon überhaupt online sind, wäre das ja fast ein Zehntel der Gesamtbevölkerung bzw. ein Sechstel der Gesamtbevölkerung, die überhaupt abgezockt werden könnte.
Okay, auch hier muss man das 2. Jahr heraus rechnen, denn wer einmal gezahlt hat, lässt sich problemlos auch ein zweites Mal abzocken, so dass wir bei 8,3 % der Gesamtbevölkerung online herauskämen. Das wiederum erscheint mir durchaus realistisch.
Ich denke, damit wäre die wahre Dimension der Abofallenabzocke einmal aufgezeigt!
*) ‘ bedeutet Tausend, “ bedeutet Million